Da ich heute die Museen abklappern will, die für mich interessant sind, habe ich morgens Zeit. Keines davon macht vor neun auf. Um kurz nach halb neun fahre ich los zum Nuclear Science Museum. Obwohl das am anderen Ende der Stadt ist, komme ich über den I-40 schnell voran und bin um kurz vor neun da. Dort nimmt mich nach dem Ticketkauf ein Ehrenamtlicher, ein alter hagerer Mann, in Empfang und erklärt mir, wo was ist. Als ich auf seine Frage, wo her ich komme, Deutschland angebe, meint er anerkennend, dass ich keinen Akzent hätte. Er kennt das auch anders von Leuten, die schon vierzig Jahre hier sind. Dann gehe ich durch das Museum, das ausgezeichnet aufbereitet ist. Zunächst geht es um die Ursprünge der Atomphysik, um dann nahtlos in die Geschichte der Entwicklung der ersten Atombombe überzugehen, alles mit Originalen oder 1:1 Replikas dargestellt - von den Bomben ist ja nichts übrig.
Eine Sonderausstellung ist ein Highlight, denn da stellen sie ein Labor aus Los Alamos nach, in dem an der Plutoniumbombe gearbeitet wurde, soweit ich verstanden habe überwiegend mit Originalequipment. Danach wird einerseits der Einsatz und wie er zum kalten Krieg führte und andererseits das amerikanische Atomarsenal ausführlich dargestellt, letzteres mit zahlreichen Ausstellungsstücken. Dann sehe ich mir das Außengelände an, auf dem die zugehörigen Raketen, Bomber und Artilleriefahrzeuge stehen. Eine B29 wie das Flugzeug, mit dem Japan bombardiert wurde, ist genauso da wie eine B52.
Die Minuteman-Rakete wirkt regelrecht klein neben der vierstufigen Titan 2. Daneben gibt es weitere Raketen, Guided und Cruise Missiles sowie Kampfflugzeuge. Wieder drinnen ist da noch ein Bereich über Kernreaktoren zur Stromerzeugung, über Wiederaufbereitung und Entsorgung, sowie alternative Energien. Die größten Unfälle dabei sind verschämt auf der Rückseite zu alternativen Energien vor der Rückwand untergebracht. Es gibt noch einen Bereich zu Nuklearmedizin und Radiologie sowie Quacksalberei und der Atomeuphorie in den Medien. Die sehr kleinen Abschnitte zu Nanotechnologie und mechanischer Verschlüsselung im zweiten Weltkrieg passen nur so halb dazu. Wegen der informativen Aufbereitung bringe ich hier aber lange Zeit zu, bevor ich weiterfahre.
Mein nächster Besuch ist ein Kontrastprogramm: Ich will in das University of New Mexico Art Museum, das auf halbem Weg zurück liegt. Da ich Zeit habe, fahre ich die Central Avenue entlang, auch wenn sie fast komplett eine Baustelle ist. Mir scheint, sie bauen hier eine ganz neue Tramlinie. Die ganzen Kilometer ist überall Business an der Straße, das ist vielleicht damit einer der authentischsten Abschnitte der alten Route 66. Das Art Museum ist leicht gefunden, leider haben sie gerade nur eine Ausstellung: Einen Landschaftsfotographen und Umweltaktivisten zum Thema Alaska, der sich mit Bildern und Geschichten gegen die weitere Erschließung zur Ölförderung wendet. Die wenigen großformatigen Fotographien sind hervorragend. Da bin ich gern bereit, die erwünschte Spende zu tätigen, auch wenn ich nicht einmal eine halbe Stunde drin war. Gegenüber ist der University Bookstore und ich suche ein bestimmtes Buch als Geschenk. Mit viel Glück finde ich auch das einzige Exemplar, denn außer den Textbooks für den Unterricht haben sie nicht mehr sehr viele Bücher. Die machen vielleicht ein Achtel des Erdgeschosses aus, die Textbooks für Kurse haben das Obergeschoss, der Rest des Erdgeschosses sind Büromaterialien, Computerzubehör, etwas Künstlerbedarf, jede Menge Klamotten mit Uni-Aufdrucken, ein Café usw.
Nach diesem Erfolgserlebnis geht es wieder zurück in Richtung Old Town, denn da sind noch drei Museen auf meiner Liste. Dabei fahre ich durch Downtown und passierte das berühmte Kimo-Theater und Kino, doch dabei bleibt es. Ich finde später heraus, dass da nichts mehr läuft, bevor ich die Stadt verlasse. Am Museum of Natural History and Science steht schon auf der Parkplatzeinfahrt ein Schild, dass es Dienstag, also heute, geschlossen ist. Nach kurzem Zögern parke ich trotzdem da, denn das nächste Museum ist nur über die Straße. Dann hebe ich mir dieses für Donnerstag auf. Das Albuquerque Museum schräg gegenüber hat geöffnet. Es beginnt mit einer sehr netten und illustrativen Ausstellung zu New Mexico in Film und Fernsehen. Die macht wirklich Spaß, auch wenn es fast nur Filmplakate und ein paar Kostüme sind. Es gibt aber auch einen Green Screen Room, wo man sich selber mal in einen artifiziellen Hintergrund eingeblendet sieht. Danach kommt man in die Kunstaustellung des Museums, die auch einen New Mexico Fokus hat, dabei aber sehr schön und offen ist. Ich frage einen Museumswärter, ob ich fotografieren darf und es geht.
In der vorigen hätte ich nicht gedurft. Hoppala. Am Ende fokussiert die Kunstaustellung noch einmal auf Menschen in New Mexico und diesen Teil finde ich eher durchwachsen. Danach gibt es noch eine Ausstellung zu Besonderheiten und Großartigkeit von Albuquerque. Das ist exzellent präsentiert, spricht mich aber leider nicht so recht an. Nach einem kleinen Teil zu den Menschen, die hierher mit Tuberkulose wegen des Klimas kamen, bin ich durch. Im Außenbereich gibt es noch einige Skulpturen, doch auch das ist bald besichtigt.
Anschließend gehe ich zuerst einmal in die Old Town rund um den Plaza auf die Jagd nach dem letzten Mitbringsel. Zuerst gönne ich mir aber ein Eis: Raspberry Sorbet. Nachdem ich damit fertig bin, sehe ich mir noch die Kirche am Plaza an, immerhin die älteste in in Albuquerque aus dem Gründungsjahr 1706. Sie ist immerhin offen, doch der Innenraum hält wenig Aufregendes bereit.
Für das Mitbringsel finde ich trotz des Besuchs einer ganzen Reihe von Andenkenläden nicht so das Rechte, also unterbreche ich das erst einmal und gehe in das Rattlesnake Museum. Beim Ticketkauf dort bekomme ich wieder einmal positives Feedback auf mein "No."-T-Shirt. Das Museum selbst ist vor allem eine Ansammlung von Terrarien in denen überwiegend in Nordamerika heimische Klapperschlangenarten hausen.
Daneben gibt es noch andere Schlangen, ein Gila Monster - eine Eidechsenart, Schildkröten, eine Tarantel und einen Skorpion. Die Schwarze Witwe sehe ich in ihrem Terrarium nicht, sie versteckt sich wohl, hoffentlich im Terrarium. Natürlich gibt es jede Menge Krimskrams drumrum, vieles davon auch zu kaufen, was teils direkt im Museum aufgestellt ist oder im vollgepackten Gift Shop am Eingang.
Danach setze ich meine Suche nach dem letzten Mitbringsel fort, und als ich diese Suche schon ergebnislos auf einen der nächsten Tage vertagen will, finde ich das Richtige. Gekauft. Jetzt habe ich eigentlich mein Tagesprogramm durch und das reicht mir auch. Ich fahre noch, mit etwas Stau wegen der Baustelle, zu einem guten Supermarkt und kaufe noch Getränke und Snacks für die restlichen Tage ein. Mit noch etwas Stau geht es zurück ins Motel, wo ich mich auf ein wenig Ruhe freue. Als ich im Zimmer bin, ist es vier und irgendwann nach fünf schreibe ich meine Erlebnisse des Tages auf.
Zehn nach sieben laufe ich zu dem anscheinend recht guten Restaurant, das ich gestern gesehen habe. Ich werde auf halb acht vertröstet und nachdem ich nach einer Runde durch Old Town pünktlich wieder da bin, muss ich noch zehn Minuten warten. Dann entwickelt sich das aber sehr schön. Das Craft Bier ist zwar aus der Flasche, weil sie sich eher auf Wein konzentrieren, aber ich bestelle mir gefüllte Champignons als Vorspeise und eines der drei Tagesgerichte, die nicht auf der Karte stehen: Kalbsschnitzel natur auf Spaghettini mit gebratenem Gemüse mit einer Kapern-Limetten-Sauce. Das ist wunderbar, aber wie immer geht dann kein Dessert mehr und Spirits als Digestif haben sie wie üblich auch nicht. Es ist trotzdem herausragend und dreimal so teuer wie ein normales Abendessen. Dafür bin ich auch über eine Stunde damit beschäftigt bei einem ebenso hervorragenden Service. Ich muss zwar einen Kellner darauf aufmerksam machen, dass ich kein Messer mehr habe, denn der Maître D' war nach dem Servieren so schnell wieder weg, dass ich ihn damit nicht mehr erreichen konnte. Doch der Kellner bringt mir dann zwei verschiedene Messer und einen Löffel. Kurz nach Sonnenuntergang gehe ich zurück ins Motel.