Am Vorabend habe ich den Zeitplan für den Rest des Roadtrips genau angesehen und daher meinen Tagesplan geändert: Statt nur wie gedacht bis Coos Bay will ich heute weiter bis Brookings kommen, wenn es klappt. Das ist ein ganzes Stück mehr Strecke und das hat logischerweise auch Folgen für die möglichen Stopps.
Ich fahre also morgens in Florence los und bin damit auch sofort in den Orgeon Dunes. Die Dunes sind ein über 60 Kilometer langer Küstenstreifen, der eben komplett aus Sanddünen besteht, die dabei aber meist kilometerweit in das Landesinnere reichen. Nach der Brücke über den Fluss ist man auf Sand unterwegs, auch wenn man das hier nicht unbedingt unmittelbar wahrnimmt. Auf dem Sandboden der Dünen wächst nicht nur ein bisschen Gras, da gibt es große Wälder, überwiegend Kiefern, mit Unterholz, darin auch richtige Seen und es fliessen ebenso Flüsse hindurch. Mittendrin liegen nicht nur Parkplätze und Campingplätze, sondern sogar ganze Orte. Die US-101 verläuft meistens in den Wäldern, die erst ein Stückchen entfernt vom Meer beginnen: Zunächst ist direkt am Meer nur Sand, dann besteht der Bewuchs aus Gräsern, weiter hinten auch aus niedrigen Büschen und erst danach kommen auch Bäume und die richtigen Wälder. Ich steuere verschiedene Zugänge vom Highway zum Meer an, um dort möglichst den Strand zu geniessen.
Am Siltcoos River ist das auch sehr schön möglich und ich unternehme den ersten Strandspaziergang des Tages. Den nächsten Zugang beim Threemile Creek verpasse ich, obwohl ich die Abzweigung erkenne, und zwar weil ich beim Fahren nur flüchtig auf meine eigenen Notizen sehen kann und sie deswegen falsch interpretiere. Das ist aber egal, ein paar andere kommen ja noch. Die Zugänge des Umpqua Lighthouse State Parks liegen dem Leuchtturm, den man auch besichtigen könnte, zu Füssen. Von diesen ist aber erst der letzte, südlichste Zugang am Ende der Strasse für Strandspaziergänge zu empfehlen, da weiter nördlich ein grosses Gebiet für die ATV-Nutzung, so heissen hier Quads, ausgewiesen ist.
In solchen Bereichen fahren oft recht viele davon durch die Dünen und es ist teils richtig laut von deren Motorenlärm. Für jede andere Nutzung hält man sich besser an andere Bereiche der Dünen, davon gibt es immer noch genug. Der südlichste Zugang bietet so einen Bereich und ich nutze das auch ein ganze Zeit lang. Leider muss ich auch bei Horsfall Beach nördlich von Coos Bay eine sehr intensive ATV-Nutzung feststellen. Zwar ist die Zufahrt ein bisschen ungewöhnlich, auf einem Damm über die Bay biegt man ab auf einen weiteren Damm und von dort geht es ein ganzes Stück sehr malerisch durch die bewaldeten Dünen, dann kommt man aber auf einem grossen Parkplatz an, auf dem von zahlreichen Anhängern ATVs abgeladen werden und von da aus in die Dünen starten. Hier möchte ich gar keine andere Nutzung wie einen Spaziergang ausprobieren. Schade, denn das Umfeld macht einen sehr schönen Eindruck. Auch eine kurze Suche nach anderen Zugängen hier ist erfolglos und zeigt nur in der ganzen Gegend Spuren von und für ATVs. Dann werde ich eben keinen weiteren Spaziergang an einem Strand der Oregon Dunes mehr unternehmen. Das ist nicht besonders schlimm, habe ich doch seit dem Vorabend schon drei solche genossen.
Immerhin verringert dies den Zeitdruck durch meinen erweiterten Tagesplan und ich kann daher im nahen North Bend kurz vor Coos Bay von der US-101 auf den Cape Arago Highway abbiegen zur Sunset Bay. Dieser Highway ist zwar ab Charleston eine Sackgasse, dafür aber landschaftlich sehr schön. Die Sunset Bay ist eine sehr idyllische, recht kleine Felsenbucht mit einen geschwungenen kleinen Sandstrand und mit der Mündung eines kleinen Baches am Südende des Strands. Ich halte zum Fotografieren an, für einen Strandspaziergang ist die Bucht zu klein und der Strand zu belebt.
Bald geht es weiter zum Shore Acres State Park. Hier bleibt mir die kleine Fee, die Nutzungsgebühr, nicht erspart, da dieser vom Staat Oregon und nicht von einer Bundesbehörde betrieben wird. Hier gibt es einerseits einen botanischen Garten, dessen Hauptteil französisch in streng geometrischen Formen angelegt ist, der aber auch einen kleinen, sehr schönen Rosengarten hat, in dem man direkt zwischen den Rosen hindurch laufen darf. Der Blümchenfotograf in mir jubelt und macht sich ans Werk.
Andererseits hat dieser State Park auch eine Felsenküste mit sehr lebendiger Brandung zu bieten. Nach der Würdigung auch dieser fahre ich noch weiter bis zum Ende der Strasse zum Cape Arago.
Auch hier ist die Felsenküste mit aktiver Brandung recht schön. Da sie aber der nebenan ähnelt, erscheint es hier zunächst fast ein wenig langweilig. Das ändert sich schlagartig, als auf einem Aussichtspunkt Wale gesichtet werden. Die tauchen ein paar hundert Meter vor der Küste auf, blasen aus und tauchen dann in einem Bogen nach wenigen Sekunden wieder ab. Man sieht also die Fontäne, dann kurz den Rücken und weg sind sie wieder. Das ganze geht so schnell und in einiger Entfernung vor sich, dass es unmöglich ist, es zu fotografieren. Das muss man einfach so geniessen! Nachdem ich das einige Male gesehen habe, fahre ich die Sackgasse wieder zurück und biege direkt vor Charleston auf die Seven Devils Road ab, die wieder auf die US-101 führt. Die unscheinbare Abzweigung ist zwar leicht zu verpassen, aber ich bin dann doch auf dieser sehr kurvigen und bergigen, wirklich kurzweiligen Strasse, fahre aber am Namensgeber Seven Devils Wayside vorbei, weil ich es zu spät als möglichen Stopp wahrnehme. Soweit ich sagen kann, wäre das ein Zugang zu einem eher einsamen Stück Strand und Küste gewesen.
Wieder auf der US-101 fahre ich durch bis Cape Blanco. Auch hier ist wieder ein Leuchtturm, den man besichtigen könnte, aber mir ist es ein wenig zu belebt. Ausserdem finde ich es ein kleines bisschen enttäuschend, dass man nicht weiter zum Kap darf als bis zum Leuchtturm. Dabei ist man hier am westlichsten Punkt der zusammenhängenden Staaten der USA nach Cape Alava im Olympic National Park. Weil es hier auch ziemlich stürmisch ist, fahre ich nach einem Fotostopp auch weiter Richtung Süden.
Ab dem nahen Port Orford bis zu meinem Tagesziel Brookings bietet die US-101 fast durchgängig landschaftliche Highlights mit teils fast atemberaubend schönen Ausblicken auf die Küste. Dabei ist das schon ein ganz schön langes Stück Strecke. Man wird hier einfach im Vorbeifahren bestens bedient. Logischerweise nutze ich einige der Möglichkeiten anzuhalten, mal nur für ein paar Fotos, mal um kurz an den Strand zu gehen.
In Brookings finde ich sehr schnell ein recht adrettes Motel mit einem sehr schönen Zimmer. Nach einem Besuch im benachbarten Bio-Supermarkt gehe ich bald auch ebenso zu Fuss in ein nahes Restaurant, das sich als amerikanisch-chinesisches Diner herausstellt. Es hat dementsprechend zwei verschiedene Karten, serviert mir aber eben auch ein recht gutes Beef im Fusion-Style.
Wieder schaffe ich es heute ohne weiteres, zum Sonnenuntergang an den Strand zu fahren. Diesmal ist es der Harris Beach State Park unmittelbar an der nördlichen Stadtgrenze von Brookings. Es scheint hier recht beliebt zu sein, zum Sonnenuntergang an diesen Strand zu gehen, denn es ist einigermassen belebt. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass heute zum Freitag das Wochenende vor der Tür steht. Mir gelingen ein paar schöne Fotos vom Sonnenuntergang, mal mit, mal ohne Menschen im Bild.